(Deutsch) BIOGRAFIE
23. Mai 1868 | Harry Clemens Ulrich Kessler wird in Paris als Sohn des deutschen Bankiers Adolf Wilhelm Kessler und der in Bombay aufgewachsenen Irin Alice Harriet Blosse Lynch als deutscher Staatsbürger geboren; Kindheitsjahre und Schulausbildung in Frankreich, England (Ascot) und Deutschland (Johanneum, Hamburg) |
1877 | Geburt der Schwester Wilhelma (Wilma), spätere Marquise de Brion; Taufpate ist Kaiser Wilhelm I. |
1879 | Familie Kessler wird durch Kaiser Wilhelm I. geadelt |
1881 | Familie Kessler wird in den reußischen Grafenstand erhoben |
1888 – 1900 | Jurastudium in Bonn und Leipzig; in Leipzig wird Kessler Mitglied der Canitz-Gesellschaft. |
1891/92 | mehrmonatige Weltreise durch die USA, Kanada, Japan, China, Indien, Ägypten |
1892 | einjährige Dienstzeit bei den III. Garde Ulanen in Potsdam; Absicht, in den diplomatischen Dienst einzutreten;Kessler verkehrt in den Berliner Salons und Gesellschaften |
1895 | Tod des Vaters. Kessler erbt ein großes Vermögen. Aufsichtsrat und Redaktionsmitglied der bibliophilen Zeitschrift PAN; Bekanntschaft mit Elisabeth Förster-Nietzsche und Begegnung mit ihrem bereits geisteskranken Bruder Friedrich Nietzsche |
1896/97 | mehrmonatige Reise durch Nordamerika und Mexiko |
1897 | Bekanntschaft mit dem belgischen Jugendstilkünstler Henry van de Velde |
1898 | Kessler bezieht seine Wohnung in Berlin, Köthener Straße 28, die von Henry van de Velde eingerichtet wird; hier befindet sich auch die herausragende Kunstsammlung Kesslers mit Werken von Impressionisten und Neoimpressionisten wie Renoir, van Gogh, Seurat. Seine „Notizen über Mexiko“ werden bei F.Fontane & Co. Veröffentlicht. |
1900 | Assessorenexamen |
1902 | Auf Vermittlung Kesslers wird van de Velde zum künstlerischen Berater für Industrie und Kunsthandwerk im Großherzogtum Sachsen-Weimar ernannt. 1903 Leiter des Großherzoglichen Museums für Kunst und Kunstgewerbe in Weimar. Auf Initiative Kesslers gründet sich derDeutsche Künstlerbund. Der Maler Max Liebermann übernimmt den Vorsitz, Kessler den Vizevorsitz. Während seiner Zeit in Weimar fördert Kessler die moderne bildende Kunst mit Ausstellungen zu Monet, Manet, Renoir, Cézanne, Gauguin und die Druckkunst. Er organisiert Vorträge zur Literatur mit André Gide, Rainer Maria Rilke und Gerhart Hauptmann. |
1904 | Edvard Munch malt das erste Ölporträt Kesslers |
1906 | Eine Ausstellung von Aktzeichnungen Rodins führt zum Skandal und erzwungenen Rücktritt vom Direktorenamt. Edvard Munch malt das große Ölporträt Kesslers, das heute in der Neuen Nationalgalerie Berlin hängt. |
1907 | Der Deutsche Werkbund wird gegründet. Kessler ist eines seiner frühesten Mitglieder. |
1908 | Griechenlandreise mit Aristide Maillol und Hugo von Hofmannsthal |
1909 | Hofmannsthal und Kessler entwerfen innerhalb von drei Tagen das Szenario zur Oper „Der Rosenkavalier“,zu der Richard Strauss die Musik komponiert. |
1910/11 | Unter der Druckleitung Kesslers erscheint im Insel Verlag Leipzig Homers „Odyssee“. |
1912 | In Zusammenarbeit mit Hofmannsthal entsteht das Textbuch zum Ballett „Josephslegende“, das von Richard Strauß vertont wird. Es wird 1914 von Sergej Diaghilevs Balletttruppe in Paris uraufgeführt. |
1913 | Einrichtung der ersten Werkstatt der Cranach Presse in Weimar |
1914 | Kriegsteilnahme in Belgien, an der Ostfront und in Frankreich |
1916 | Leitung der deutschen Kulturpropaganda in Bern |
1918/1919 | Der deutsche Arbeiter- und Soldatenrat ernennt Kessler zum deutschen Gesandten in Warschau. Die Mission scheitert nach drei Wochen, aber Kessler kann den Rückzug der deutschen Truppen aus Polen organisieren. |
1919 | Beschlagnahmung des mütterlichen Erbes durch die Entente |
1920 | Kessler macht mit seiner Schrift „Die Kinderhölle in Berlin“ auf das Leid der Nachkriegszeit aufmerksam. |
1922 | Mitglied im Präsidium der Deutschen Friedensgesellschaft; in diesen und den folgenden Jahren starkes pazifistisches Engagement und Einsatz für den Völkerbund; ein Gedenkartikel zur Ermordung Walther Rathenaus erscheint in der Neuen Rundschau. |
1923 | Vorlesungen über „Germany and Europe“ an der Universität von Williamstown, USA |
1924 | erfolglose Kandidatur für ein Reichstagsmandat der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) |
1926 | Vergils Eclogen erscheinen als Druck der Cranachpresse; ab Juni mehrmonatige schwere Erkrankung |
1927 | Die „Eklogen“ werden auf der Buchkunstausstellung in Leipzig als schönstes Buch des Jahres prämiert. |
1928 | Kesslers Walther-Rathenau-Biographie erscheint und wird ein Erfolg. |
1929 | William Shakespeares „Hamlet“ erscheint als Druck der Cranachpresse. |
1930 | erneute mehrmonatige schwere Erkrankung |
1932 | Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten muss Kessler die Cranach Presse schließen;Beginn der Arbeit an dem Memoirenwerk „Gesichter und Zeiten“, von dem Kessler lediglich den ersten Teil vollenden kann |
1933 | Flucht und Emigration: Kessler verlässt Berlin und siedelt von Paris nach Mallorca über. |
1935 | Der erste Band der Memoiren erscheint auf Deutsch im Verlag S. Fischer. Zwangsversteigerung des Weimarer Besitzes und Plünderung der Berliner Wohnung Hildebrandstraße 11; Rückkehr nach Frankreich zu seiner Schwester Wilma auf das Schloss Fournels, Pontanevaux |
1936 | Der erste Memoirenband erscheint auf Französisch unter dem Titel „Souvenirs d’un Européen“ bei Plon in Paris. |
30. November 1937 | Kessler stirbt mittellos in einem Krankenhaus in Lyon. |